Urbanes Grün für ein besseres Leben in Städten

 

Bäume im städtischen Raum - Grün und Klimawandel

Stiftung DIE GRÜNE STADT  www.die-gruene-stadt.de

Link zur vollständigen Broschüre Urbanes Grün

Die großen Herausforderungen, vor denen die europäischen Städte stehen, sind der demographische, klimatische und strukturelle Wandel sowie die Globalisierung. In diesem Zusammenhang ist ein paralleler Prozess von Wachstum und Rückgang zu beobachten. Während ländliche und strukturschwache Regionen von einer rückläufigen Entwicklung gekennzeichnet sind, nimmt die Verstädterung zu. Doch das Wachstum der Städte bietet auch die Chance, Stadtentwicklung mit nachhaltiger Planung von Grünflächen in dicht besiedelten Gebieten zu verbinden. Die Senkung der durch den Straßenverkehr verursachten Emissionen, die Schaffung von Frischluftzonen, die Reduzierung der Versiegelung, ein effizientes Wassermanagement und natürlich ausreichend Grünflächen – alles das sind Maßnahmen, die bei den Planungen berücksichtigt werden müssen.

Im Vordergrund stehen nicht nur ästhetische Aspekte, sondern vielmehr geht es um die Sicherung der Lebensqualität in den Städten.

1.1 Vorteile städtischen Grüns für die

Nachhaltigkeits-planung der Verwaltung

Alfred E.G. Tonneijck, Arnhem (NL), Expertise Centre Triple E, www.tripleee.nl

Die vielfältigen Vorteile städtischen Grüns sind unbestritten, jedoch werden vielfach handfeste Argumente für die Investition in Grün eingefordert, vor allem die Darstellung von Kosten. Mit einem eigens dafür entwickelten Bewertungsmodell kann der Nutzen jedes einzelnen Baums für Umwelt und Wirtschaft ermittelt werden.

Nutzen vor Schönheit

Eine Vielzahl wissenschaftlicher Daten belegt die positiven Effekte städtischen Grüns für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. Stadtgrün steigert die Attraktivität einer Stadt, verbessert die Biodiversität, reduziert die Luftverschmutzung und mildert den Hitzeeffekt. Darüber hinaus trägt das Grün in der Stadt zur Kontrolle des Abflusses von Regenwasser bei, senkt die Stressbelastung und verbessert die Gesundheit der Stadtbewohner. Für viele Unternehmen sind grosszügige Grünräume in Städten daher ein wichtiger Entscheidungs-faktor, wenn es um die Auswahl eines neuen Standortes geht. Dennoch ist es leider vielfach so, dass die ordentliche Pflege des Grüns vernachlässigt wird, was sich negativ auf den wirtschaftlichen Nutzen auswirkt.

Es steht außer Frage, dass die Kosten für Pflanzung und Pflege des öffentlichen Grüns in städtischen Bereichen deutlich höher liegen als auf dem Land.

Das gleiche gilt aber auch für den Nutzen.

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1.2 Messung der Partikelverteilung im städtischen Grün

Dr. Marcel Langner, Berlin (D), Humboldt-Universität Berlin, Geographisches Institut, www.geographie.hu-berlin.de

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat festgestellt, dass Luftschadstoffe die Lebenserwartung der Menschen in Europa um durchschnittlich ein Jahr senken. In den meisten Fällen ist das auf Schädigungen des Herzens sowie der Atmungsorgane, vor allem Lungenkrebs, zurückzuführen. Die Schwere der Schädigung ist dabei abhängig von der Größe der Schadstoffpartikel: Je kleiner die Partikel sind, desto tiefer können sie in die Lunge eindringen. Partikel, die kleiner als 10 μm (PM10) sind, können direkt in die Lungenbläschen eindringen und in die tieferen Teile des Atmungstraktes gelangen.

Grüne Luftfilter

Die EU hat mit der Verordnung 2008/50/EC die Grenzwerte für die Luftverschmutzung in den Mitgliedsstaaten festgelegt. Daraus ergibt sich auf nationaler Ebene eine Reihe von Maßnahmen, um die die vorgegebenen zulässigen Obergrenzen der Partikelbelastung zu erreichen. So wurden Fahrzeuge mit besonders hohen Emissionswerten aus den Städten verbannt, Dieselfahrzeuge wurden mit Partikelfiltern ausgestattet und Industrieanlagen mussten ebenfalls zusätzliche Filter installieren. Viele Städte gehen mit ihren Maßnahmen zur Luftreinhaltung aber noch einen Schritt weiter und nutzen Grünflächen als wichtiges Mittel zur Verbesserung der Luftqualität.

Umfangreiche Untersuchungen über die Leistungsfähigkeit des Stadtgrüns haben gezeigt, dass Bäume und Sträucher mehr Schadstoffe sammeln als reine Rasenflächen. Im Vergleich zu seiner Grundfläche verfügt zum Beispiel ein Baum mit den Blättern seiner Krone über eine sehr große Aufnahmefläche. Im Jahr 2002 haben Messungen in Karlsruhe ergeben, dass die Partikelablagerungen an den Blättern der Ahorn-Straßenbäume umso größer sind, je näher die Bäume zur Fahrbahn stehen. An Bäumen, die weiter entfernt von der Straße stehen, wurden weniger Partikelanhaftungen gemessen. Die Ergebnisse dieser Messungen bestätigen Berechnungen, die zur Ablagerungsgeschwindigkeit von Partikeln unter trockenen und nassen Bedingungen durchgeführt wurden. Weiterhin wurde untersucht, welche Unterschiede bei Bäumen auf grünen Freiflächen und Bäumen in Straßenschluchten zu berücksichtigen sind.

Weiterer Forschungsbedarf

Aus diesen Berechnungen und Messungen ergeben sich Empfehlungen für die Grünplanung in den Städten. Demnach sollen die Straßenbäume in engen Straßenschluchten kein dichtes Blätterdach bilden. Die lockere Anordnung der Bäume ist effizienter, da dadurch Verwirbelungen vermieden werden und so eine Verdünnung der Schadstoffe eintritt. Da die Messungen bisher nur mit Ahorn und Linde durchgeführt wurden, muss noch untersucht werden, ob andere Laubbäume und Nadelbäume oder auch Stauden gleiche oder ähnliche Resultate liefern. Weiterhin wird die Fähigkeit der Pflanzen, ultrafeine Partikel - also kleiner als PM10 - an ihren Blättern zu binden, Gegenstand von Untersuchungen sein.

Da ultrafeine Partikel besonders gefährlich für den Menschen sind, kommt dieser Forschung besondere Bedeutung zu.

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1.3 Stadtklima und Stadtgrün

Prof. Dr. Lutz Katzschner, Kassel (D), Universität Kassel Fachbereich Architektur, Stadtplanung und Landschafts-planung - http://cms.uni-kassel.de/asl/start.html

Infolge der durch die dichte Bebauung eingeschränkten Luftzirkulation und der stärkeren Aufheizung versiegelter Flächen verstärken sich weltweit die massiven Auswirkungen der Klimaveränderung. Diese Folgen des Klimawandels erfordern, dass Kommunalverwaltungen der der Anlage städtischer Grünflächen eine hohe Priorität einräumen. Die Belastungen durch Perioden großer Hitze haben zugenommen. Diese Belastungen können jedoch durch Stadtgrün unproblematisch gemindert werden.

Aufgeheiztes Stadtklima

Der Bevölkerungsanstieg und die damit einhergehende Vergrößerung der Gebäude und Wegeflächen hat europaweit eine starke Urbanisierung bewirkt. Mehr als dreiviertel der Bevölkerung leben in Städten. Der hohe Versiegelungsgrad, als Ursache des UHI, stellt die Städte vor große Herausforderungen. Die befestigten Oberflächen von Straßen, Plätzen und Fassaden reflektieren die Sonnenenergie als langwellige Strahlung und heizen damit das Stadtklima auf. Treffen in der Stadt hohe Temperaturen, langwellige Strahlung und Luftverschmutzung zusammen, entsteht gesundheitsschädlicher Smog. Doch nicht nur die Außenluft heizt sich auf. Auch in den Gebäuden wird es zunehmend wärmer, so dass mehr Energie - und damit mehr Kosten - zum Kühlen der Büros und Wohnungen notwendig ist.

Der Wärme-Insel-Effekt (Urban Heat Island effect - UHI) am Beispiel von Kassel: Links ist die aktuelle Situation zu sehen, und das rechte Bild zeigt das für 2030 angenommene Szenario.

Fehlen intensiv begrünte Klimaoasen zur Luftkühlung durch Verdunstung, verschärft sich das Problem zusätzlich. Regen, der auf Grünflächen fällt, versickert im Boden. Bei Sonneneinstrahlung verdunstet ein Teil des Regenwassers wieder und kühlt damit die Umgebungstemperatur. Bei versiegelten Flächen wird das Regenwasser hingegen in die Kanalisation geleitet und kann somit nicht zur Abkühlung durch Verdunstung beitragen. Darüber hinaus sind die städtischen Abwassernetze oft durch große Wassermengen bei Starkregen überfordert. Das Regenwasser kann dann weder versickern noch schnell genug abfließen und führt somit zu Schäden durch Überschwemmungen.

Kühlende Bäume

Die Anlage von Grünflächen in den Städten wirkt sich gleichermaßen positiv auf Makro- und Mikroklima aus. Sie ist daher eine ökologische Maßnahme, um durch den ‘Oasen-Effekt‘ das Aufheizen der urbanen Betonwüsten zu mildern. Das Laub der Gehölze kannden größten Teil der Sonnenstrahlung aufnehmen. So hat Stephen Lesiuk von der Fakultät für Architektur der Sydney University in einer im Jahr 2000 durchgeführten Untersuchung festgestellt, dass das Blattwerk von Bäumen zwischen 60 und 90 Prozent der Sonnenstrahlung absorbieren kann. Durch die Wärmeaufnahme verdunstet der Baum einen Großteil der Flüssigkeit und sorgt damit für eine merkliche Abkühlung der Umgebungstemperatur. Schon ein einziger Baum wirkt sich positiv auf das Lokalklima in seiner direkten Umgebung aus. Je mehr Bäume gepflanzt werden und je größere Grünflachen angelegt werden, desto stärker ist der messbare Temperaturunterschied mit Auswirkungen auf die bebaute Umgebung.

Begrünte Dächer und Fassaden

Einen doppelten Kühlungseffekt erzielen begrünte Dächer und Fassaden. Bepflanzte Dächer sorgen nicht nur für kühlere Temperaturen im Gebäude, sie minimieren gleichzeitig die Wärmereflektion in die Umgebung. Am Tage können damit auf einem Dach Lufttemperaturunterschiede von 4 bis 8° C und bei Nacht immerhin noch von 1 bis 2° C erzielt werden. Die Energie, die für Klimaanlagen zum Kühlen der Räume verbraucht wird, kann damit um etwa 20 Prozent reduziert werden.In zahlreichen Pilotprojekten wurde 2006 zudem untersucht, welchen Einfluss dicht an Gebäuden gepflanzte Bäume auf das Stadtklima haben. Durch die Verschattung der Fassaden heizt sich das Gebäude weniger auf und das führt wiederum zur Senkung des Energieverbrauchs für die Abkühlung der Raumtemperatur. Gleichzeitig reduzieren die Pflanzen die Reflektion langwelliger Strahlen und mindern damit den UHI. Der Hitzeinsel-Effekt betrifft keineswegs nur Großstädte oder Mega-Cities. Doch wo immer dieser Effekt auftritt, kann er durch sorgfältig geplante Grünanlagen gemindert werden.