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Was ist Stadt? Und wie versucht Marl, sich selbst zu zerlegen?

Einwände gegen die Vandalisierung eines Stadtbereichs

 

von Prof. Dr. habil. Roland Günter

Es sieht so aus, daß vielen Leuten jedwedes Verständnis von einem der ältesten Güter der Menschheit abhanden gekommen ist: der Stadt – und was Stadt ist.

Stadt ist für sie wie ein Schwein. Sie meinen, sie könnten darüber verfügen, wenn sie einen Schlachter haben. Der Bürgermeister soll es braten lassen. Die Bürger müssen die Leute, die zum Helfen kommandiert werden,  bezahlen – nahezu lebenslang. Und dann schneidet sich ein sogenannter Investor die besten Stücke aus dem armen Schwein heraus.

Dies wird begleitet von der großen Lüge, daß der Investor damit ein Wohltäter sei. Diese Lüge wird in Hochglanz-Broschüren und anderem verbreitet. Und wenn es um Zustimmung geht, setzen der Investor und seine Helfer darauf an, daß es viele Menschen gibt, die sich das Geschehen nicht so genau ansehen, naiv sind und daß man Menschen leicht einreden könnte: Ihr versteht  doch nichts davon.

Schließlich zieht der Investor ein Gesetz heraus, das er selbst nicht begreift, und unterschiebt es der Aktion mit der Behauptung, daß die einzige Wahrheit heißt: Eigentum sei heilig. 

Nein, Eigentum hat viele Bindungen: das Grundgesetz, infrastrukturelle Festlegungen, Planungs-Recht und vieles mehr. Zudem gibt es Aufsichtsbehörden. Und dann muß man sich ins Gedächtnis rufen, daß die Bevölkerung in einer Demokratie leben will,  also ein Bürgerwille über der Macht des Investoren-Willens stehen soll – vor allem in öffentlichen Angelegenheiten.

Marl war mit der Nordwanderung des Bergbaues die “Zukunftstadt im Ruhrgebiet“. Und dies vor allem in Planung, Architektur, Städtewesen  und Landschaft. 

Marl war das Gebiet, in dem man unendlich Kohle finden konnte. Kohle war der Motor der Industrialisierung. Zu Zeiten war sie der Motor des Überlebens. Und zu Zeiten der Motor des Wachstums, der die Verbesserung von einst ärmlichen Lebensverhältnissen ermöglichte.

Die Stadt wurde 1946 bis 1965, also zwei Generationen lang, von einem genialen Bürgermeister dirigiert: von Rudolf Heiland (1910-1965). Dieser spürte und beobachtete, daß das Versprechen eines besseren Lebens nicht nur mit der Industrie zusammen hing, sondern ebenso mit der Stadt.

Stadt ist eine Gesamtheit: Stadt sind alle Bürger. Durch die Stadt wird jeder Bürger zum Mitbürger. Stadt ist der Ort, wo das Denken an sich selbst,  über sich hinauswächst – zu einem Denken an einen symbolischen Zipfel des Universums. Stadt ist die Gesamtheit der Lebensverhältnisse. Stadt ist nicht etwas Einzelnes, sondern ein Gebiet. Stadt ist, was jemand aus dem Fenster sieht, wo  der sich am Tag bewegt,  wohin ihn eine Neugier treibt. Stadt sind alle Teile eines immens ausgebreiteten  Netzes, das man Infrastruktur nennt. Dies begann historisch damit, daß Wege angelegt wurden,  um nicht mehr im Sumpf zu versacken. Stadt ist Organisation von vielem, was jeder einzelne  braucht, jeweils  mehr oder weniger: sauberes Wasser, Abwasser,  Sicherheit in vielerlei Hinsicht, Schulen, Information über Stadt und die Welt. Stadt ist auch eine vernünftige Verwaltung  all dieser Werte, die in vielen Jahrzehnten  und für lange Zeiten geschaffen wurden – von Menschen mit findigem Denken, mit Organisations-Fähigkeit,  mit Energien. Stadt ist Kultur: dies beginnt mit der Erkenntnis dessen, was der Mensch ist, wie er sich entwickeln kann, wie er mit anderen zusammen lebt, welche Werte der Einzelne und dieses Zusammenleben entstehen lassen, wo sie anregend sind, wie man sie genießen kann. Und Stadt entwickelt, bewahrt  und sichert zudem viel Schönheit.

Stadt hat aber auch mächtige Feinde. Dies sind ganze Epidemien. Die Bequemlichkeit, die als Tunnelblick nur sich selbst sieht. Der Krebs der Stadt ist die Entartung des Geld-Denkens: daß Menschen glauben, sie könnten sich alles kaufen, jedweden Vorteil, und damit umgehen ohne Rücksicht auf andere, auf Kultur, auf Schönheit. Zu den Feinden gehören Menschen, die über ihrem Eigeninteresse vergessen, was Stadt als Gesamtes ist.

Erst diese Gesamtheit ermöglicht jedem ein gutes Leben. Was nutzt dem reichsten Mann ein Leben in der Wüste, wo nicht einmal ein Minimum dessen vorhanden ist und funktioniert, was unser Leben in der Stadt ausmacht. Und möchte er sich so fragen lassen: „Welcher Teufel hat uns diesen und jenen Unsinn beschert?“ Man kann auch mit Dante fragen: „Welches Fegefeuer oder welche Hölle steht für ihn bereit?“

Jahrhunderte lang sprach man von Überheblichkeit und von Hoffart. Dies war die Krankheit, all derer, die Macht, Einfluß und Geld einsetzten, sich aus dem Gesamten das beste Filetstück auszuschneiden – und denen es gleichgültig war, was vom Gesamten übrig blieb.

Kurz: Zur Stadt gehört, daß man sie versteht. Ohne Verständnis läßt man die Stadt herunter kommen und zerstört Wichtigstes.

Ein Beispiel dafür war die Scharoun-Schule. Selbst einfachste Pflege wurde unterlassen. Und man log, daß es kein Geld gäbe, zu reparieren und den Verfall aufzuhalten.

Dann aber setzten sich Bürger zusammen, die die Stadt verstanden, und sie fanden auch noch einen Menschen, dessen Geburtsort diese Stadt war: Oliver Wittke. Und dieser besorgte als Bauminister die Mittel, um ein Wunderwerk einer Architektur, eine Welt-Architektur, wieder herrichten zu lassen. Jetzt wird sie von vielen Menschen mit staunenden Augen und viel Nachdenken erlebt. Da ist Stadt gelungen.

Diese Stadt hatte einmal für etwas mehr als ein Jahrzehnt einen genialen Anführer. Viele Menschen fragten erstaunt: Was für eine Magie hat sein Zuname „Heiland“? Bürgermeister Rudolf Heiland hatte nicht studiert. Er war keiner mit einem Doktor-Titel, mit Examina, mit Zertifikaten – er war ein angelernter Elektriker. Sein,  Studium war ein Nazi-Gefängnis, er wurde verfolgt. Sein Verbrechen  war der Gedanke „Stadt für alle.“

Nach dem Ende des verbrecherischen NS-Systems konnte er in Freiheit diese Stadt aufbauen, weiter  denken, strukturieren. Er machte etwas, das weltweit zum Besten gehörte. Er holte mit unglaublicher Intuition und einer überragenden Intelligenz sowie mit einem grandiosen Weitblick die besten Planer, Entwerfer, Gestalter,  Denker, Ingenieure, Künstler zusammen.

Nun gab es jedoch nicht nur „Stadtversteher,“ sondern auch – wie überall – Verständnislosigkeit, Missgunst, Neid. Dies maskierte sich hinter simplen Sprüchen. Es grassierte eine Epidemie: eine kleinbürgerliche Verweigerung  des Mitdenkens.

Nun werden manche Leute sagen: Dies alles ist vor über einem halben Jahrhundert geschehen, warum soll uns dies noch angehen?

Aber in Marl lebt jeder Einwohner auf einem Boden mit vielem, was vor langer Zeit entstanden ist. Über ein Genie wie Heiland und seine Planung der Stadt kommt man nicht hinweg. Die Früchte dieser Genialität sind allgegenwärtig. Bei jedem Spaziergang.

Hier haben Landschaftsplaner für ein Weltproblem in meisterhafter Weise ein Beispiel geplant und realisiert: wie kann man umgehen mit dem Zusammentreffen von Industrie, die es erst seit relativ kurzer Zeit gibt, und Landschaft, die in Jahrhunderte gewachsen ist? Es gehört zum Schwierigsten, was es auf der Erde gibt. Die Lösungen oder die Unfähigkeit für Lösungen, das Gelingen oder Scheitern, werden über die konkrete Zukunft der Menschheit entscheiden.

Bürgermeister Rudolf Heiland holte sich einen Stadt- und Landschaftsplaner aus der seinerzeit entwickeltsten  Hochschule und städtischer Planung: aus Hannover. Günther Marschall (1913-1995). Er hatte sein Diplom bei Heinrich Tessenow gemacht, promoviert bei Werner Hebebrandt „Zur Geschichte des Wiederaufbaues zerstörter Städte, “habilitierte über „Fußgängerwege in der Innenstadt.“ Seinerzeit waren es Zukunfts-Themen. Flankiert wurde dies von der Mitarbeit eines weiteren  Großen: Hermann Mattern,

Heiland ließ sich in einem Zentrum der guter Stadt-Gedanken, damals Hannover, beraten, warb von dort Leute an und verteilte Aufgaben. Marschall, begleitet von Hermann Mattern, setzte Heilands Vorstellungen um: in einen Leitplan.

Wer die 2018 geplante Zerstörung des Stadion-Gebietes im Stadtteil Marl-Hüls sich vor Augen hält, und vielleicht  sogar dabei mithilft, muß sich vorhalten lassen, daß er Heiland, Marschall, Mattern und deren „große Zeit in Marl“ mitsamt dem Netz an  weiteren  erstklassigen Entwerfern vergessen hat. Und daß er einer der wichtigsten Leistungen der Nachkriegszeit, der Synthese von Stadt und Landschaft, tiefgreifend Schaden zufügt. Er muß sich auch sagen lassen, daß er NICHTS begriffen hat – und nur im Kopf darauf fixiert ist, wie man mit Geld noch mehr Geld macht - auf Kosten der Allgemeinheit. Und zum Bedauern der zukünftigen Generationen.

Das Gelände um das Jahn-Stadion in Marl ist nicht irgendein Terrain an irgendeinem Stadtrand,  sondern unter Aspekten der Geschichte und der Stadtentwicklung  ein besonders bedeutendes.

Erstens: Es ist ein hervorragend  differenzierter Freiraum. Zweitens – und dies ist sein einzigartiger  Wert: es liegt zwischen zwei Stadtbereichen, für die es im Sinne von Gartenstadt eine Grün-Park-Zone bedeutet. Es stellt die beiden Dimensionen „Landschaft“ und „Stadt“ in Zusammenhang – und dies in einem künstlerischen Sinn. Hinzu kommt, daß es Erholungsraum in einer Stadt ist, die auf der anderen Seite die dichtest mögliche Industrie-Ballung hat. Diese Ausgleichs-Funktion wurde um 1960 unter dem legendären Bürgermeister Heiland von den seinerzeit wichtigsten  deutschen Landschaftsplanern geschaffen. Damals hatte Marl den Rang einer Beispielstadt für die seinerzeit modernste Stadt-Entwicklung,  die die Gegensätze von Stadt und Landschaft in einer intelligenten sozialkulturellen Synthese zu vereinigen wusste.

Dies ist Teil einer Gesamtplanung, die im Grundsatz gesetzgeberisch geschützt ist. Nun aber soll dieser Schutz durch spekulative  Planung, auch noch minderen Niveaus, ausgehebelt werden.

Ich vermute, daß die Spitze des Baureferates nicht in der Lage ist, diese vorliegende Planungs-Geschichte,  die konstitutiv für Marl ist, zur Kenntnis zu nehmen, zu begreifen und zu respektieren.

Eine Gruppe von Bürgern und hinzugezogene Fachleute, die Freunde von Marl sind, haben diese Zusammen-hänge entdeckt,  studiert und publiziert.

Zum Fazit gehört: Mit dem Motto extremer Missgunst bei den einen und Faulheit des Verstehens bei anderen hatte man den Namen „Heiland“ 50 Jahre lang, ein halbes Jahrhundert, dem Vergessen überantwortet. Mit der Neuentdeckung schien das Zeitalter der Vergessenheit beendet zu sein. Ich sprach dazu sehr offen in einem Vortrag im total gefüllten Saal der „Insel“ im Grimme-Institut. Viele Zuhörer versprachen Nachdenken und positive Schlussfolgerungen.

Leider folgt nun eine neue erbärmliche Fehlleistung, die der Stadt erheblich schadet.

Im Stadtteil Hüls war im Rahmen der Planung von Heiland, Marschall, Mattern  an der Nahtstelle von urbanem Viertel und Landschaft ein exzellenter Bereich entstanden. Natur und Landschaft wurden hier mit einer städtebaulich wirksamen Gestaltung überhöht - mit Alleen und einem Park. Das war großartig.

Hier ist - fußballerisch gesprochen – einst von der Marschall-Planung ein wunderbarer Paß in die Nahtstelle gespielt worden. Eine einzigartige  planerische Lösung. Wie kommt man – in drei Teufels Namen!  - auf die Idee, dies kaputt machen zu wollen? Dies verrät in der Analyse Ignoranz und in der Planung Unprofessionalität. Es macht mit einer banalen Neuplanung einen wichtigen und hochattraktiven Bereich  der Stadt buchstäblich zuschanden.

In dieser Mitte dieses Bereichs gibt es noch etwas ganz Besonderes: Ein Fußball-Stadion. 1962 entworfen von Aribert Riege. In seinen Details wunderbar gekonntes Bauhaus. Vor allem in den Bauten für die Kassen und Umkleide-Räume. Das Dach nimmt etwas vorweg: die Konstruktion über dem Olympia-Gelände in München - 1972 vom genialen Frei Otto. Das Olympia-Dach wurde weltberühmt und „Weltkultur-Erbe.“ Das Marler Stadion-Dach breitet sich über der Tribüne aus: an zwei Pylonen aufgehängt. Dies ist ein kühnes Symbol für neue Technik im Zusammenwirken mit Ästhetik.

In diesem Jahn-Stadion spielte damals eine Mannschaft, die zu den Besten in Deutschland gehörte – sie spielte sogar um die Deutsche Meisterschaft.  

Der Leser könnte hier dem Genius loci nachzufühlen versuchen, was damals sozialgeschichtlich der Fußball war: das Erlebnis einer breiten Bevölkerung am Sonntag. Dies ist das einzige und am meisten typische Stadion im Westen, das für die alten Leute und für ihre Enkel noch ein anschauliches Beispiel gibt: für das Milieu des Fußballs in den 1950/1960er Jahren.

Dieses Milieu hatte zu tun mit dem Leben in der Armut, aus der man sich mühsam heraus robbte. Es hatte zu tun mit der Bildung des Selbstbewusstseins von Menschen, die von überall her für die seinerzeit schwierigste Industrie, den Bergbau, angeworben wurden. Es hatte zu tun mit der Sehnsucht der Flüchtlings-Ströme, vor allem aus dem Osten, die nach dem endgültigen Verlust einer Jahrhundertealten Heimat nach neuer Heimat suchten. Sie fanden sie im Ruhrgebiet besser als irgendwo anders.

Allenthalben wird in der Politik von Heimat geredet. Es wird sogar ein Heimat-Ministerium geschaffen. Aber was geschieht mit Heimat, wo sie bereits geschaffen wurde?

Nicht weit entfernt gibt es in Dortmund das Deutsche Fußball-Museum. Ich machte es auf dieses Milieu aufmerksam. Ich erinnere mich auch an meine eigene Kindheit und frühe Jugend: an diese Sonntags-Atmosphäre.

Es gehört zum Elend der Denkmalpflege, daß sie (in Ämtern in Marl und in Münster) fixiert auf viel zu enge,  auch längst überholte Kriterien ist und das Denkmalgesetz ignorierend keinen Blick für diesen Bereich mit dem Stadion hat. Sie steht auch insgesamt dem „Phänomen Beispielstadt Marl“ mit totaler Unfähigkeit gegenüber. 

Es wäre ziemlich einfach, das Marler Stadion zu einer Attraktion im Ruhr-Tourismus zu machen. Geld ist genug im Land, um dieses „starke Stück Ruhrgebiets-Milieu“ zu reparieren. Die Ziffern dazu, die vom Hörensagen kreisen, sind samt und sonders gelogen. Solche Lügen sind die Instrumente zum Glattreden von Abriß.

Eine Planung, wie sie Rudi Heiland als Bürgermeister mit den besten Planern in der Stadt und im Stadion-Bereich inszenierte, machte man nicht für wenige Jahre. Und auch nicht für jemanden wie einen spekulierenden Investor. Sie ist kein freies Feld für willkürliche, simpel an Geld-Vermehrung orientierte  Geschäftigkeit. Die Heiland-Marschall-Planung ist ein rechtliche Festsetzung, die man nicht so einfach mal mit einigen Strichen umwerfen darf. Sie verpflichtet eine Gesellschaft und auch das Rechtswesen  zur Dauer – zur Nachhaltigkeit.

Es wird darum gebeten, daß die Aufsichtsbehörden und weitere Instanzen dies genau untersuchen. Dazu gibt es gesetzliche Vorgaben.

In diesem Bereich ist kein städtebaulicher Misstand vorhanden, wie er gern für Abrisse erfunden und als Maskierung benutzt wird.

Das einzige, was  ihm seit einiger Zeit abging, haben Politik und Verwaltung  zu verantworten:  Sie kamen ihrer Pflicht zur Pflege, insbesondere des Gelungenen, nicht nach. Hier hat man ähnlich wie seinerzeit bei der Scharoun-Schule,  Werte  vergessen, nicht hingeschaut, die Augen verschlossen. Fragen an Verwaltung und Politik: Hattet Ihr nicht mal etwas geschworen? Wollt Ihr diesen Schwur nicht mehr kennen oder brechen? Gelten solche Schwüre nichts?

Der Rat hat das Baurecht in der Hand. Es gibt keinerlei vernünftiges Argument, diesen sehr guten Bereich zu zerstören und Baurecht für den Spekulanten mit einem neuen Bebauungsplan zu schaffen. Was nun vorgelegt ist, heißt: pure Zerstörung und banales Bauen.

Wenn Wohnungen gebaut werden sollen, gibt es dafür andere Standorte. Hier sind überdies teure Wohnungen geplant, die sich in der Bevölkerung kaum jemand leisten kann. Man soll sie an anderer Stelle errichten. Ohne Zerstörung.

Marl war positiv beispielhaft. Dank dem Dirigenten Bürgermeister Rudolf Heiland. Wird Marl nun negativ beispielhaft? Dank neuer Dirigenten? Wird diese Heimat, diese wunderbare Planung, dieses Viertel, dieses Stadion der Erinnerungen an ein Milieu, zerstört? – weil  (ausgerechnet) ein Marler Bürger hier rücksichtslos spekuliert und dabei Stadtentwicklungs-Planung und Schönheit ausplündert - um lediglich Geld zu vermehren? Der Investor ist ein superreicher Bankier, der mitleidlos ist – gegen seine Stadt, in der er sich auch noch gern als Wohltäter aufspielt.

Herr Schulte-Kemper ist eine Gallionsfigur der Marler  CDU. Diese hat seinerzeit  den Bürgermeister  Heiland geradezu verfolgt, ihm jedweden Knüppel zwischen die Beine geworfen und vielleicht sogar in den Selbstmord getrieben. Jetzt macht diese CDU weiter. Sie ruiniert, was Rudi Heiland genial planen ließ.

Und was machen Sozialdemokraten? Unterwerfen sie sich wieder einmal dem Druck eines finanziellen Machthaber, der nur sich selbst sieht? Mit opportunistischem „Schmusekurs“? Es liegt nah zu fragen, was dahinter steckt und was dazu treibt. Was ist los mit der Erneuerung in der Partei?  Haltung ist nicht, daß man so grundsatzlos, so fernab der sozialkulturellen Werte mit der Stadt umgeht. Sich von jemandem dirigieren läßt, dessen Partei das großartige Werk von Rudi Heiland ruiniert. Ist da immer noch nicht begriffen, um welche Werte es geht?

Viele Leute haben inzwischen begriffen, daß ein reicher Mann, ein sogenannter Investor, nicht mehr als Gutsherr kommandieren kann, obwohl er in diesem Ruf steht. Das weiß auch er selbst. Aber die Methoden sind raffiniert geworden: Fäden ziehen, Netze spinnen, auf die Gutmütigkeit von Leuten setzen, die sich nicht vorstellen können,  daß ein vornehm erscheinender Mann so etwas Übles tut.

Er mag sich mit dem verlassenen Gelände der Zeche Auguste Victoria beschäftigen, das er beherrscht – da kann er viel gestalten. Auch Luxus-Wohnungen bauen. Dort zerstört so etwas  nicht. Aber die Stadt darf nicht zulassen, daß er sich eines der besten Terrains von Marl unter den Nagel reißt, zudem für einen lächerlichen Preis, und Stadtzerstörung betreibt.

Der Investor rückt die Instanzen, die ihm helfen sollen, ins Zwielicht und stellt sie unter Korruptions-Verdacht.

Die Bürgerinitiative hofft, daß das Genehmigungs-Verfahren auf jedwedes  Hindernis trifft. Dies zieht immense Kosten, finanzielle und personelle, nach sich. Zudem ist ein Rattenschwanz an Prozessen wahrscheinlich.  Auch gegen die offenbar viel zu niedrige Preisgestaltung für die Überlassung städtischen Geländes. Die Stadt schadet sich selbst: Sie kann in diesen Vorgängen ihre eigenen Kosten im Prinzip nicht herein holen. Bürger erwarten von der Stadt auch Schutz und nicht Veränderung, die nur ganz wenigen nutzt. Hier werden die Grundlagen aller Parteien auf den Prüfstand gestellt, nicht nur der Grünen und Sozialdemokraten, sondern auch der CDU. Während man anderswo über Heimat diskutiert, droht hier eine gelungene Heimat, die bis heute an der Weltspitze des Planens steht, abgeräumt zu werden.

Der Interessent hat genug zu tun mit den alt-industriellen Flächen der Zeche Auguste-Victoria, in denen er plant. Er soll die Hände vom großartig Geplanten weg lassen. Dabei kann er nur scheitern.


Originaltext: http://www.werkbund-initiativ.de/Content.aspx?mID=61&pageID=56



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